Wollten wir das?
Wir waren 1989 demonstrieren. Und haben damit jedes Recht verwirkt, heute sagen zu können, dass es nicht richtig ist, was unser aktuelles Leben ausmacht. Zumindest kommt es mir so vor!
Nein, wir demonstrieren nicht mehr.
Aber ist es richtig, für weit unter dem aktuell geforderten Mindestlohn arbeiten zu gehen?
Heute, 24 Jahre nach der „Wende“, geht es den Meisten nicht gut!
Haben wir das gewollt? Dürfen wir deswegen nicht dagegen sein?
Wir wollten das System ändern. Wie? Sollten alle Betriebe geschlossen werden? War unsere Wirtschaft wirklich so völlig marode?
Wir wollten reisen dürfen! Das dürfen wir heute.
Wir wollten sagen dürfen, was wir für richtig fanden. Dürfen wir das heute?
Wir wollten angstfrei leben! Wie viel Angst haben wir heute?
Angst um den, meist viel zu niedrig bezahlten, Job … Wie viel Angst haben wir heute, dass das so mühsam ersparte für die verordnete Rente nicht reicht?
Diese Angst ist ein so gravierender Punkt, der mich so nachdenklich macht.
Wollten wir diese Angst? Angst, dass die Mieten und Grundsteuern steigen, Angst, dass wir aus dem Job fliegen, Angst, dass es im Alter nicht reicht, Angst, dass wir die Bedingungen, um am „Leben“ teilnehmen zu können, nicht erfüllen.
Wollten wir, dass wir um die ethischen Werte wie die Nachbarschaftshilfte, die Freundlichkeit ohne Bedingungen, den Respekt und die Achtung …, so ringen müssen? Wollten wir das?
Welche Schuld haben wir auf uns geladen, dass wir nach dem Kampf um unseren Willen, heute nichts mehr sagen dürfen?
Dürfen wir heute nicht mehr sagen (wollen), dass das aktuelle System menschenverachtend ist? Dürfen wir heute nicht (mehr) sagen, dass wir alle in Angst gehalten werden?
Wie ist es bestellt um die die Achtung jedes einzelnen Menschen schon vor sich selbst?
Kann ich mich, wenn ich mich selbst achte und mich mit all meinen Schwächen und Stärken (bestimmt die eigentlich das Regime oder die Ethik jedes Menschen?) akzeptiere, so knebeln lassen?
Haben wir das gewollt?
Freiheit! Heißt Freiheit auch, mich an das zu erinnern, was ich wollte, als ich kämpfte.
Warum darf ich jetzt nicht weiter kämpfen, wenn ich ein wenig davon erreicht habe?
Ein wenig zu erreichen reicht nicht und lädt keine Schuld auf mich!
Geht es nicht um Schuld, um heute nichts mehr zu wollen?
Wir haben demonstriert! Und was haben wir erreicht? Dürfen wir nicht sagen, dass wir DAS nicht gewollt haben?
Und jetzt? Was machen wir?
Tja, willkommen in dem wilden Westen möchte ich fast sagen….damals hat es auch viele Ängste gegeben, Tränen und Schweigen, Ungerechtigkeit und Zwang. Aber diese innerliche Freiheit, der ich bei manchem damals entdeckt und so geschätzt habe, die gilt es jetzt zu entwickeln, mehr denn je in unseren materialistischen Gesellschaften. plus facile à dire qu’à faire…